Der Nordwestblock nach Hans Kuhn

Indogermanisch - Urbaskisch: Der Nordwestblock nach Hans Kuhn


Der Sprachforscher Hans Kuhn (1899-1988) behauptete als Kernaussagen seines Schaffens, daß das Gebiet südlich und westlich einer Linie Weser/Aller/Harz bis etwa Oise/Somme/Lahn/Main und zeitlich bis um Christi Geburt weder germanisch noch keltisch besiedelt gewesen sei. Er sah in diesem Gebiet sprachlich "das letzte Indogermanisch".

Dem widersprach heftig der Sprachforscher und Namenkundler Jürgen Udolph in seinem Hauptwerk "Namenkundliche Studien zum Germanenproblem", in dem er die Landschaften südlich der genannten Linie in Niedersachsen und Mitteldeutschland zu den ältesten germanischen Kernländern rechnet.

Alfred Hunold vertritt dagegen in „Der Nordwestblock nach Hans Kuhn: Germanisch, Indogermanisch oder zeigen sich noch ältere Sprachschichten?“ die These, daß im Gebiet des Nordwestblocks zu der betreffenden Zeit eine urkeltische und vorher eine ureuropäische Sprachschicht herrschend war.

Dieses urkeltische Element zeigt sich in vielen Orts- und Flurnamen in Norddeutschland,
wie z.B. in:

Sterz = urkeltisch terso-s = trocken, Land, mit Anlaut-S
Knochen = urkeltisch knokko = Hügel
Käsekammer = urk. gedga = Gans, ir. ged, corn. goaz,
urk. kumba = Tal, cymr. cwmm; Gänse-pfuhl
Dumme Reith = urk. tombo = Binsengestrüpp, urk. rath = Fläche, Wiese
Hoppenbleck = urk. soqo = Harz, cymr. hop = Föhre, Kiefer
Immenzaun = urk. embia = Gehege, Umzäunung;
bei Übergang des Wortes in die deutsche Sprache kannte man noch die eigentliche
Bedeutung von "immen", nämlich Zaun.
Heute bringen manche Sprachforscher das Wort fälschlich mit Immen = Bienen
in Verbindung.

Besonders im nord- und westdeutschen Raum scheinen die urkeltischen Elemente vom Cymrischen geprägt zu sein, wie eine Untersuchung der Orts- und Flurnamen um Korschenbroich durch Hunold erwiesen hat. („Das letzte Indogermanisch lebte noch lange –
in der Umgebung von Korschenbroich“).

Eine ureuropäische Sprachschicht konnte vor allem in den Flußnamen nachgewiesen werden, aber auch in der lebenden, gesprochenen Sprache.
Dieses Ureuropäische hat seine Fortführung im Baskischen, das auf Gemeinsamkeiten mit dem Deutschen untersucht wurde, und es wurden so viele gefunden, daß sie nicht auf Zufälligkeiten oder Entlehnungen beruhen können.

Uns ist bewußt, daß es falsch wäre, die vor Tausenden von Jahren gesprochenen Sprachen als Baskisch zu bezeichnen, wenngleich wir uns an das heutige Baskisch als den Rest der alten Sprachen halten müssen, um noch etwas an Deutungen zu erkennen.

Diese Gemeinsamkeiten sind vor allem in der familiären und niederen, nicht literarischen Sprachschicht zu finden.

Beispiele hierzu sind:
baskisch put-iko = Bengel; "Put"
baskisch bis-ka = Vogelleim; "fies"
baskisch turuta = Fanfare, Trompete; "Tröte"
baskisch narr-itari = Narr, Spaßmacher
baskisch kolpe = Schlag, Stoß, Streich; "kloppe, kloppen"
baskisch pixka = bisschen
baskisch kokolo = doof; "kokolores"
baskisch kutsu = Makel, Nachgeschmack; "kotzen"
baskisch murrizketa = Einschränkung; "Murks"
baskisch pixa = Piss, Harn
baskisch leka = Geifer, Schleim; "Im Munde zusammengelaufenes Wasser" -> lecker

Hunold hat mehrere Hundert solcher Wörter aufgezeichnet.

Auffällig ist die große Zahl der Suffixe, die bei Substantiven unserem deutschen -lein,
-keit, -kunde, -ler, -chen, oder bei Adjektiven -sam, -bar, -ig, -lich u.a. entsprechen.

Welche Bedeutung dieses Ureuropäisch-Baskische für die Entwicklung unserer deutschen Sprache hatte, sieht man an den Ortsnamen, die sogenannte Grundwörter enthalten.

So werden die meisten Grundwörter, die in zusammengesetzten Namen auftreten,
und die z.B. J. Udolph in seinem Hauptwerk für gut germanisch hält, nicht von germanischem, sondern von baskischem Ursprung abgeleitet (-bach, -bend, -bostel, -büttel, -burg,
-dorf, -heim, -hütte, -hoven, -horst, -stadt, -tun, -lar, -loh, -leben, -werder....usw).

Beispiele:
-dorf: = baskisch trop-el
-heim: = baskisch seme = Sohn und sen-di = Familie, (s > h)
-hütte: = baskisch sut-ondo = Kamin (s > h)
-stadt: = baskisch etxadi = Häuserblock
-leben: = baskisch lab-aki = Neuland
-lar: = baskisch larre = Weide
-loh: = baskisch lohi = Schmutz
-werder: = baskisch barradera = Deich; davon auch Polder (rr = l)


Die baskischen Wörter werden oft erst dann für die deutsche Sprachforschung verständlich, wenn man zwei grundlegenden Eigenheiten der baskischen Sprache Beachtung schenkt, nämlich den Lautvertretungen (Lautverschiebungen) und den Konsonantenumkehrungen, die schon Georg von der Gabelentz vor über 100 Jahren beschrieben hatte.

Beispiele:
baskisch mispira = Mispel (r = l)
baskisch laga = lassen; (g = s)
baskisch potin = Boot: (p =b)
baskisch kabala = Vieh, Nutztier; Konsonantenumkehr und Bedeutungswandel zu "Kalb"
baskisch mintzo = Stimme; mintzo > tzimno; got. stibna = Stimme (m = b), Konsonantenumkehr
baskisch digeri = verdauen; "Dreck", Konsonantenumkehr
baskisch karranka = knarren; Konsonantenumkehr
baskisch zapal = flach; (z = t), tapal = platt, Konsonantenumkehr
baskisch azkar = stark; (z = t), aus atkar = stark, mit Anlaut-S, Konsonantenumkehr
baskisch tupina = Topf; "pott", Konsonantenumkehr
baskisch grina = Eifer, Leidenschaft; "gern", Konsonantenumkehr
baskisch halako = solcher; (s -> h); (hier taucht die aus dem Cymrischen bekannte Konsonanten-
änderung von S zu H als Lautvertretung S:H wieder auf) salako = solcher


Die Anwendung dieser baskischen Eigenheiten führt zu einer neuen Betrachtung der Fluß-
und Ortsnamen.

Beispiele sind Namen mit folgenden Bestandteilen:
-apa: = baga = Woge = (p)aga (b = p) und P-Wegfall, = aga, aka, aha, aba auf gleicher Stufe
(g = k = h = b), aba > apa (b = p), Erklärung für die sog. Apa-Namen
-alt: = Alt-ona aus baskisch lats = Bach, lats = alt, alt = ant, alt = tal, ant = nat
-r: = Neger aus baskisch nagi = träge; wahrscheinlich träge fließender Fluß
-st: = Innerste - Indrista, aus baskisch indar = Stärke, Kraft, und baskisch estai = Stockwerk
(Wasserfall)
-st: = Faristina aus baskisch parr-asta = Flut und von ist-ina = kleiner Sumpf
-ster: = Alster aus baskisch laster = Strömung; Konsonantenumkehr
-ster: = Ilster, Ulster aus baskisch listu = Speichel; Konsonantenumkehr und Vertretung i = u
-nder: = Mallandar aus baskisch mal-da = (Berg)-hang, und baskisch anderri = Vorort, Dorf;
Ort am Hang
-nder: = Vallendar aus baskisch bal-tza = Schlamm, und anderri = Dorf; Ort in sumpfiger Lage
-nt: = Alund = Alantia aus baskisch (p)al = Sumpf und -ant = Bach, Fluß
-k-suffixe: = Bilici aus baskisch bel-ardi mit Plural-k = Weiden, Wiesen; siehe Düsseldorf-Bilk


Hunold ordnet die älteste Flußnamenschicht einer ureuropäisch-vorindogermanischen Herkunft zu; dadurch wird die bis heute bestehende These von der alteuropäischen (als indogermanische) Hydronymie (H. Krahe, W. P. Schmid, zuletzt J. Udolph) unhaltbar.

Schließlich werden die meisten Völkernamen von baskisch/ureuropäischer Grundlage erklärt.
Z.B.:
"Germanen" = von baskisch kar-men-en; kar = Kalk und men, mende = Herrschaft; die über die
über die Kalkberge herrschen
"Ingväonen" = von baskisch ing -> z-ing-ira = Sumpf, "väonen" von baskisch bai-lara = Tal und on =
Grund- und Boden, Vermögen, Erbe
"Herminonen" = von baskisch eremo = Feld und baskisch inon = irgendwo; die auf Feldern wohnen
"Istväonen" = von baskisch ist-inga = Sumpf, "väonen" von baskisch bai-lara = Tal und on =
Grund- und Boden, Vermögen, Erbe
„-varier“ = z.B. Amsi-varier baskisch bor-roka = kämpfen, entsprechend urkeltisch varos = Held


Weitere Beispiele:
"Sugambrer" = von sud = utso (urkeltisch) Schmutzwasser, utso = bask. itsa = Wasser (u = i)
und cambrer von bask. kanabera = Röhricht
"Burgunder" = von bask. bor-roka = kämpfen und bask. gudu = Kampf, Schlacht
„Hermunduren“ = von bask. eremo = Feld und bask. mundrun = Teer; wo früher einmal Erdöl an die
Oberfläche getreten war, da könnte die Urheimat der Hermunduren gewesen sein,
zwischen Hannnover und Braunschweig, bei Hänigsen.
"Eburonen" = Edburonen von bask. et-sai = Feind und buru = sich erwehren


Gebirge - Beispiele:
"Ardennen" = bask. ald-apa = Hang, Steigung, ald = ard, (r =l), enna, ina = Verkleinerungsform,
kleine Höhen
"Sauerland" = bask. soro = Wiesen, Feld; bask. soro-buru = Quelle; Wiesenland, Quellenland
"Erzgebirge" = alter Name Hercynia < bask. har-kaitz = Felsen und bask. goien = Gipfel
"Rothaargebirge" = bask. (r)-ot = Wolf und harri = Gestein; R weggefallen; “Wolfsberge“
„Harz“ = bask. harkaitz = Fels


Flußnamen - Beispiele:
"Ruhr" = bask. ur = Wasser; in r-ur ist im Baskischen das Anlaut-R weggefallen
"Pader" = bask. padura = Morast, Sumpf
"Gasteiner" = Ache von bask. gatzdun = salzig; als Nebenfluß der Salzach
"Eschwege" = die Stadt liegt an der Werra und diese teilt sich vor ihr in zwei Arme, deren einer
"Haarfache" heißt.
Eschwege, von alt Eskinewag, kann mit bask. eskuin = rechts, rechte Hand, erklärt werden, im zweiten Namenteil "wege" mit bask. baga = Woge > Bach; der zweite Name "Haarfache" kann aus baskisch ezkerrera = links > (ez)-kar-(rera) > haar und bask. baga = Woge > bach > fache erklärt werden.
Also heißen die beiden Flußläufe ganz einfach rechter und linker Bach.





Alfred Hunold: "Der Nordwestblock nach Hans Kuhn: Germanisch, Indogermanisch oder zeigen sich noch ältere Sprachschichten?"
- Auf den Spuren einer der ältesten europäischen Sprachschichten.

360 Seiten
ISBN: 987-3-842-35762-4
Der Nordwestblock nach Hans Kuhn



Siehe auch unten:
Alfred Hunold: "Das letzte Indogermanisch lebte noch lange - in der Umgebung von Korschenbroich"
- Über ein vermutetes Rückzugesgebiet der Eburonen am Niederrhein.

243 Seiten
ISBN: 978-3-842-35882-9
Der Nordwestblock nach Hans Kuhn


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